Polly

“Hey, hör ma auf und gib mir lieber das Steinchen.”

……

“Kannst du nich hören?? Ich hab gesagt du sollst aufhören.“

“Was?? Warum denn das jetzt?”

Grunzend steigt er von ihr und bleibt der Länge nach liegen. Sie wird hektisch, zeigt ihm ein angeekeltes Gesicht und fängt an, am Boden ihr Shirt zu finden. Nachdem sie es übergestreift hat, springt sie auf und nimmt die kleine Pfeife, die auf dem verdreckten Tisch steht. Ein alter Glastisch mit Intarsien. Dessen Bestimmungsort der blaue Salon eines Herrenhauses gewesen sein muss. Hier steht er nur zum Zweck und erlebt den sozialen Abstieg. Leere Bierflaschen, gefüllt mit Zigarettenstummeln, Papierfetzen und Flüssigkeitsresten. Ein brauner Sud, der nicht nur in den Flaschen zu finden ist. Ebenso wie der Dunst aus den Flaschen, riecht der Teppich. Überall liegen Essensreste herum, leere Pizza Kartons und angeschimmelte Reste in Dosen. Der schlimmste Gestank aber, wird wohl von den Fisch Dosen in den Sorten „Mexico“ und „Tomato“ verströmt. Der penetrante Geruch von frischem Fisch ist sicher jedem ein Begriff aber der von vergammelten 3 Wochen alten Fisch kann man sich nur vorstellen, wenn man sein übelstes Geruchserlebnis zum Quadrat potenziert.

Aber die Personen im Raum interessiert das nicht. 

Ihn interessieren nur ihre Möse und sie hat nur Augen für die kleinen weißen Steinchen, die in Alu auf dem Tisch liegen. Sie scheinen auch optisch aus diesem Raum heraus zu strahlen. Alles ist belegt von einem grauen Gelb, verursacht von Nikotin und zu wenig Sauerstoff. Doch der Stoff ist behütet wie ein Stück Gold. Kein Staubkorn dürfte sich darauflegen, ohne bemerkt und vertrieben zu werden. Alle Flüssigkeit wird sorgsam davon ferngehalten.

Sie hält die Pfeife vor sich und man sieht ein Leuchten in ihren Augen. Ein hektisches, gezwungenes Leuchten, das nicht die Sonne in ihr zeigt, sondern den Dämon, der von ihr Besitz genommen hat und alles Leben in ihr ersetzt.

Langsam führt sie nun das Feuer an den Stein und zieht. Gelber Dampf steigt auf. Sie schließt die Augen und als sie sie wieder öffnet, ist das Leuchten verschwunden. Ein Schleier hat sich über ihre Pupillen gelegt und es scheint, als sei jeder Wille aus diesem Körper entwichen.

„So kannst de jetzt bitte ma weiter machen.“ Schnauzt er sie an. Sie liegt nur da und rührt sich nicht. Es scheint, als habe sie ihn nicht gehört. Als sei er gar nicht in ihrer Welt.

Er schüttelt sie, sie stöhnt nur und dreht sich um.

„Baby,“ flüstert er ihr jetzt ins Ohr „komm, du willst es doch auch..“

Langsam rutscht er an sie heran. Sie liegt auf der Seite und er nun direkt hinter ihr. Langsam dringt er in sie ein, legt die Hände auf ihre Brüste. Sie stöhnt etwas und er sagt nur leise „ich bin es nicht Baby… ich bin es nicht.“

Als er fertig ist, greift er auch zur Pfeife und zündet sich einen Stein an. Nach einem tiefen Zug legt er sich zurück und lässt die Rauchschwaden an sich vorbeiziehen.

Sie kommt langsam zu sich. Taumelnd hält sie ihre Hand in Richtung Pfeife. Er reicht sie ihr, bereits fertig, so dass sie nur noch zu rauchen braucht.

„Hey Süße,“ sagt er „übrtreibs´ nich mit der Raucherei, das tut dir nich gut.“

Sie nimmt seine Worte gar nicht wahr.

Er kommt wieder zu ihr, legt seine Hand zwischen ihre Beine.

„Laß mich in Ruhe.“ Nuschelt sie. 

„Hey Baby, du weiß doch genau, dass ich nur das will, was du auch willst. Ich bin nicht einer von diesen. Ich meins ehrlich mit dir.“

„Ach weißt de, das is mir egal. Mir is eh alles egal. Das Leben langweilt mich einfach! Du langweilst mich!“

„Jetzt schon?“ Grinst er sie an. „Wir ham uns doch erst gestern kennen gelernt.“

„Ach halts Maul!“

Er umarmt sie, küsst sie und rollt sich auf ihren Körper.

„Geh runter, mir tut der Rücken so weh.“

Seufzend steht er auf und geht ins Bad. Er pisst, wobei nur die Hälfte in den dafür vorbestimmten Ort gelangt. Der Rest verteilt sich auf Boden und dem Porzellan.

Als er zurückkommt, liegt sie unverändert da. Er legt sich neben sie.

„Baby weißt du, das Leben is schon echt ein großer Scheißhaufen.  Ich hab´ einfach kein´ Bock auf diese Scheiße da draußen. Wozu soll der ganze Fuck gut sein? Was hat das Leben außer dem Rausch? Ficken und Drogen sind die wahre Erfüllung.“

„Wie Recht du hast.“ Sie lächelt müde. Dann rafft sie sich auf.

Hämisch grinsend beugt sie sich über ihn. Er sieht gerade noch ihr Gesicht, bevor sie sich an seinem Schwanz zu schaffen macht. Stöhnend lehnt er sich zurück. Nur halb nimmt er wahr, wie sie sich auf ihn setzt, ihre langen Nägel in seinen Brustkorb bohrt und sich auf und ab bewegt.

„Oh Baby, ich wusste du hast einen Instinkt.“

Und während sie ihren niederen Instinkten nachgehen, verlieren sich ihre Seele in den Sphären der Stadt. Streifen das bürgerliche Leben, welches sie mit aller Macht von sich fernhalten wollen und sich dabei doch nichts sehnlicher wünschen, als die geordneten Bahnen, die dieses Leben zu bieten hat. Der Mensch könnte paradoxer nicht sein. Er strebt stehts nach dem, was er nicht hat und bisweilen auch nach der Unerreichbarkeit der Zeit. Und egal wie oft er es schließlich doch erreicht, er wird nie müde, weiter zu streben und er bemerkt dabei nicht, wie nah er der Sonne kommt. So fliegen manche mit aller Kraft weiter, sehenden Auges in die Glut, die sie alsbald vom Himmel holt.

Wer weiß schon, was am Ende besser war? 

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