Grenzen

Wieder ein Jahr in dem ich über meine Grenzen gegangen bin, in dem ich zu selten auf meinen Körper gehört habe, ihn übergangen habe, dachte ihn übergehen zu müssen. Wenn man nun einfach sagen könnte, macht nichts, nächstes Jahr mache ich es einfach anders, dann wäre das auch gar nicht so dramatisch. Aber so einfach ist das nicht. Denn der Körper merkt sich sehr vieles. Vor allem das, was nicht gut war. Er speichert alles ab und findet seinen eigenen Umgang damit und der gefällt dem Inhaber des Körpers selten so gut. Denn für den Inhaber heißt das, sein eigener Körper funktioniert nicht mehr so, wie er das gerne hätte. Der Körper hat sich seine eigenen Regeln gemacht. Und wie man da wieder rauskommt, das ist ein großes Problem. Denn haben sich Automatismen erst einmal eingespielt, ist es so unglaublich schwierig, sie wieder los zu werden.

Schwierig wird vor allem das richtige Verständnis, was ist wann wie zu verstehen. Wann heißt der alltägliche Gedanke am Morgen „Ich will nicht aufstehen“ wirklich, man sollte besser liegen bleiben? Wann sind Depressionen wirklich ein Zeichen sich zurückzuziehen? Das mag sich für all jene die niemals mit Depressionen zu tun hatten oder haben sehr merkwürdig anhören. Depressionen sind doch immer schlimm und ernst zu nehmen, so heißt es doch immer. Und genau da ist eben der Knackpunkt; NEIN!! Man darf sich nicht bei jeder kleinen Depression zurückziehen und die Decke über den Kopf ziehen. Denn Depressionen haben stets ein Spiralen Prinzip und zwar sind es Abwärtsspiralen. Ist man erst einmal drinnen, kommt man unheimlich schwer wieder raus. Die Gedanken verselbständigen sich und so sehr man es auch versucht auf seine Gedanken einzuwirken, jeder einzelne gute Gedanke wird gemeuchelt und in null Komma nichts in einen ganz schrecklichen Gedanken verwandelt. Und genau das beweist einem dann, dass wirklich alles sinnlos ist, wenn sogar die guten Gedanken so schnell zu schlechten werden.

Wenn depressive Gedanken aufkommen, ist es also auch oft ganz gut sich abzulenken oder abgelenkt zu werden. Dann kann man sich gar nicht diesen Gedanken hingeben.

Ist ja ganz einfach sollte man meinen. Sobald man blöde Gedanken bekommt, einfach ablenken und schon ist alles gut. Haha, schön wär’s. Nein, denn manchmal sind diese depressiven Gedanken auch ein Warnsignal des Körpers. Meist genau dann, wenn man alle anderen Signal erfolgreich übergangen hat. Dann kommt die Gedanken-Keule und legt den Verstand lahm. Und genau dann ist es allerhöchste Zeit sich zurückzuziehen, denn eigentlich ist es dann schon fast zu spät.

Wie man sehen kann, ist es alles andere als leicht genau zu wissen, was wann der Fall ist und wenn man es nicht weiß und einfach macht, kann das sehr leicht zu einer richtigen Strafe werden. Lege ich mich ins Bett, obwohl ich Ablenkung nötig hätte, ertrinke ich in Depressionen und wenn ich einfach weiter mache, kommt es auf kurz oder lang richtig Dicke und mich ereilt ein neuer Schub meines „heiß geliebten“ Crohn.

Und als ob das alles nicht schon genug wäre, hat man da ja immer noch das Prinzip der Leistungsgesellschaft im Hinterkopf. Nicht zu oft krank sein, sei einsatzbereit, zeige dich standhaft. Da will man auch nicht wegen jedem Zipperlein zu Hause bleiben. Aber wann ist ein Zipperlein nur ein Zipperlein? Ich finde es unglaublich schwer zu wissen, wann ich wirklich so krank bin, dass ich nicht arbeiten gehen kann.. Fieber ist zum Beispiel ein super Maßstab. Mit Fieber bleibt man zu Hause und im Bett. Aber Fieber hat man eben auch nicht immer, wenn es einem schlecht geht. Schmerzen sind auch ein guter Maßstab aber auch nur wenn sie permanent sind und wann hat man schon wirklich ununterbrochen starke Schmerzen? Durchfall, naja da kann ich nur drüber lachen. Ich weiß noch, wie ein Kollege sich unterhielt und erzählte er hätte ja Durchfall gehabt, da hätte er ja nicht arbeiten können. Klar, ist ja für jeden der keine CED hat völlig normal. Würde ich nach diesem Prinzip gehen, wäre ich das halbe Jahr krank. 

Aber was ist bei all den anderen Symptomen? Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Bauchkrämpfe, allgemeines Unwohlsein? Auch das sind für mich keine Gründe zu Hause zu bleiben, da es einfach so oft vorkommt. Aber wann bleibt man dann zu Hause? Denn auch wenn es mir richtig mies geht und ich zu Hause bleibe, habe ich ein so schlechtes Gewissen nicht arbeiten zu sein, dass ich mich auch nicht richtig erholen kann. Dieses Gefühl, einfach das Richtige zu tun…. Das ist irgendwie schon lange her. Es bleibt dieses ewig bohrende Gefühl, doch das Falsche zu tun. 

Und wieder einmal, wird mir klar, dass Körper und Geist untrennbar voneinander sind. Wie soll man gesund werden, wenn man immer das Gefühl hat das Falsche zu tun? Aber wie wird man das am Besten los? Wie findet man Selbstsicherheit, wenn man sich und seines Körpers nicht mehr sicher ist? 

Ich habe nicht die geringste Ahnung, aber ich hoffe ich werde mit der Zeit eine Antwort darauf finden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert